Urknall

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„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“ Es gibt ja einige Geschichten, die so enden. Diese hier beginnt damit. Ein Stück von uns ist tatsächlich gestorben und trotzdem leben wir. Entschlossener denn je. Aber lasst uns die Geschichte am Anfang beginnen.

Wir schreiben das Jahr 2005 nach Christus. Drei Menschen, die sich nicht kennen, spüren, dass Veränderungen anstehen. Große Veränderungen, denn sie werden im Leben der beiden anderen, einen wichtigen Platz einnehmen.

Monika ist Diplom-Ökonomin und lebt in Danzig. Ralf ist als Soldat in Krisengebieten eingesetzt. Ricco ist gerade als Messebauer im friedlichenTeil der Welt unterwegs. Unterschiedlicher hätten ihre Leben nicht sein können.

Ralf, gerade wieder ins zivile Leben zurückgekehrt, kaufte in seiner Heimat Beeskow das seit 8 Jahren lehrstehende Kino und rettete es somit vor dem Verfall. Mit der Neueröffnung wurde auch eine Cocktailbar eingeweiht, in der Ricco in hektischen Zeiten immer wieder aushalf.

Und trotzdem schien etwas zu fehlen. Eis. Es fehlte Eis.

Ein Anruf bei einem internationalen Eisproduzenten verlief dann allerdings nicht wie gewünscht, denn aufgrund der Einwohnerzahl war man zwar bereit, bestimmte Eissorten zu liefern, aber Vitrinen wollte man nicht zur Verfügung stellen. Merklich enttäuscht beendete Ralf das Gespräch mit den Worten: „Behaltet euer Eis, ich mache selber welches.“ Einmalig cremig sollte es sein und frei von unnötigen Zusatzstoffen. Aber vor allem individueller und kreativer als alle herkömmlichen Eissorten.

Eine Idee kann der Urknall sein und die Energie freisetzen, die benötigt wird, damit die Dinge in einer gemeinsamen Umlaufbahn münden. In diesem Fall zeichnete es sich genauso ab.

Aufbruch

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Das waren große Ziele, die sich Ralf gesteckt hatte. Nun ging es um den Weg und der musste an Italien vorbei führen. Er wollte das Handwerk von den besten italienischen Eismachern lernen. Also ab in den Süden zur Eisschule. Das hieß dann nochmal Schulbank drücken, Milcheimer schleppen, aber vor allem rühren, rühren, rühren. Ach ja, und nochmals rühren.

Zurück in Beeskow beherrschte Ralf die Kunst des Eismachens so perfekt, dass seine Sorten schnell über die Grenzen der Heimat hinaus bekannt wurden. Nächtelang hat er an Rezepturen getüftelt und immer wieder probiert, bis er endlich mit dem Geschmack zufrieden war. Privat standen die Zeichen ebenfalls auf Erfolg, denn 2006 lernte Ralf als Gast auf einer Hochzeit Monika kennen. Sie verliebten sich ineinander und es folgte kurz darauf das Ja-Wort. Zu zweit gegen den Rest der Welt, da waren sich beide absolut sicher. Monika teilte viele Ideen von Ralf und am meisten teilte sie seine Leidenschaft für Eis.

Ricco, der zeitweise schon in der Cocktailbar aushalf, wurde ebenfalls vom Eisfieber gepackt. Schnell hängte er seinen Job an den Nagel und studierte ebenfalls die Kunst des Eismachens in Italien. Seine Leidenschaft stand der von Ralf in nichts nach. Schnell konnten sie auf Augenhöhe kommunizieren und schienen sich beide zu beflügeln.

Mit Monika und Ricco hatte Ralf zwei treue Begleiter an seiner Seite, die seine Visionen und seinen Weg verstanden und ihm folgten. Zu diesem Zeitpunkt lagen viele Stimmungen in der Luft, aber die des Aufbruchs konnte jeder fühlen.

Punktlandung

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Durch unser Tüfteln und Probieren fanden wir heraus, dass der Eismix unter ständigem Rühren im Pasteurisierer nach 24 Stunden eine einzigartige Cremigkeit entwickelt. Je länger der Rohmix bei 4 Grad Celsius gerührt wird, um so besser wird seine Homogenität. Mit diesem Wissen und ausgefeilten Rezepten gründeten wir im Jahre 2009 die Firma Iceguerilla. Schnell waren unsere Kapazitäten erschöpft und wir kamen nicht umhin, unsere Produktionsstätte zu vergrößern und auszubauen.

Im Februar 2012 packte uns das Wettkampffieber und wir meldeten uns zur Deutschen Meisterschaft der Speiseeishersteller auf der Gelatissimo bei der Intergastra in Stuttgart an. Während wir ehrfurchtsvoll die italienischen Kollegen und ihre Showeinlagen mit dem Schneebesen bestaunten, kippten wir verlegen unseren Eismix in die Maschine und drückten den Startknopf. Wir waren von den ganzen Eindrücken so überwältigt, dass wir weder das Urteil der Jury vernahmen, noch verstanden, warum uns alle gratulierten. Der absolute Wahnsinn, wir hatten gewonnen. Unser Vanilleeis ist „Das beste Vanilleeis Deutschlands“ geworden. Zum ersten Mal ging dieser Titel an deutsche Eismacher und wir waren es, die ihn gewonnen hatten. Das mussten wir erstmal verarbeiten.

Dazu blieb leider wenig Zeit. Durch die mediale Aufmerksamkeit die uns plötzlich zuteil wurde, stieg das Interesse an unserem Eis überproportional an. Selbst Thomas Gottschalk schwärmte in seiner Sendung plötzlich vom Eis „Homemade in Beeskow“. Es ging Schlag auf Schlag. Es kamen Medienanfragen von RTL, Kabel 1, ZDF, Pro Sieben und vielen weiteren herein. Das mediale Interesse an uns riss nicht ab, denn 2014 entwickelten wir den europaweit ersten Onlineshop für eigenkreiertes Eis. Wir wuchsen gewaltig und steigerten uns schnell. Das brachte unsere Produktion an seine Kapazitätsgrenzen.

Wir waren so berauscht vom Erfolg, da konnte es für dieses Problem nur eine einzige Lösung geben. Wir bauen eine Eisfabrik. Bei uns herrschte Goldgräberstimmung. Alles schien möglich und gefühlt gab es keine Limits mehr. In uns gab es durchaus eine Stimme mit einer gewissen Vorahnung, aber die war so leise, die konnten wir gar nicht hören. Besser gesagt, wir wollten sie nicht hören, bis sie schlußendlich verstummte. Wir waren Punktlandungen gewohnt, was also sollte schief gehen?

Absturz

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Vier Jahre verbrachten wir mit der Planung unserer neuen Fabrik. Termine mit Finanzinstituten, Architekten und Baufirmen waren an der Tagesordnung. Für den Großangriff auf die Hotellerie, Gastronomie und den Einzelhandel sollte alles auf dem neuesten Stand sein. Darüber hinaus legten wir sehr viel Wert auf eine umweltfreundliche und ressourcenschonende Produktion. Unsere Vorstellungen und Ideen brauchten Geld, viel Geld. Es gelang uns Investoren zu finden, die bereit waren, unseren Traum einer nachhaltigen Eisfabrik zu finanzieren.

Es war genau das was wir wollten, während es aber auch gleichzeitig der erste Schritt in eine von uns nicht mehr kontrollierbare Richtung war. „Macht nicht millionen perfekte Eissorten mit einem simplen Euro Gewinn, sondern macht eine simple Eissorte mit einer perfekten Million Gewinn.“ Sätze wie dieser ließen uns das leider sehr schnell erkennen. Wir waren nicht mehr frei, sondern eingesperrt von Begriffen wie Umsatz, Marge, Gewinn, Salesfunnel, KPI und vielem mehr und schon gar nicht passte das zu unserer Motivation, warum wir mit dem Eismachen begonnen haben.

Das Eis musste margenorientierter werden, geplante Gewinne fielen aus und insgesamt hielten wir diesem Druck nicht mehr stand. Wir meldeten Insolvenz an. Wir mussten uns von unserem Baby verabschieden, denn im Dezember 2019 wurde Iceguerilla verkauft. Auf harte Art und Weise merkten wir Drei, das größer nicht gleichbedeutend mit besser ist. Das war die Rechnung dafür, dass wir dem finanziellen Druck unsere Authentizität und unsere Leidenschaft unterordneten.

Während die einen nur einen Absturz sahen, sind wir in dieser Zeit fast gestorben. Es glaubte keiner mehr an eine Crashlandung. In einem solch freien Fall kommt man nicht zum reden, aber uns war klar, sollten wir das überleben, müssen wir miteinander sprechen.

Zurück

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Der Aufprall war heftig, wir verloren alles, was wir in 14 Jahren aufgebaut hatten. Aber wir überlebten.

An Reden war erstmal nicht zu denken. Jeder von uns brauchte Luft zum durchatmen und viel Zeit, das Erlebte zu verarbeiten. Wir Drei mussten nun alles neu sortieren und dazu hatte jeder von uns sein eigenes System. Keiner wusste, wie es mit ihm weitergehen soll. Wir waren orientierungslos, denn der Aufschlag wirbelte so viel Staub auf, dass wir gar keine Wege sehen konnten und erst recht nicht den Richtigen. Mit der Zeit wurde unsere Sicht wieder klarer. Wir erkannten uns wieder, viel wichtiger erkannten wir unsere Loyalität zu einander und wir teilten immer noch unsere Liebe für Eis. Es war ein Orientierungspunkt, vielleicht aber auch der Anfang eines Weges. Während wir die Geschehnisse immer noch analysierten und auswerteten, reanimierten wir parallel dazu unsere kleine Eismanufaktur. Das ursprüngliche Gefühl, was wir früher beim Eis machen hatten, war wieder da. Wir spürten es fast gleichzeitig, denn wann immer sich unsere Blicke kreuzten, lag ein Lächeln bei jedem von uns auf den Lippen. Endlich wieder nach den eigenen hohen Ansprüchen produzieren, ohne Druck und nur wir Drei.

Mittlerweile trafen wir uns wieder regelmäßig um Ideen auszutauschen. Es war Winter, grau und der Schneegraupel hörte gerade auf an das Fenster zu klopfen, als wir wieder einen dieser gruppentherapeutischen Nachmittage zusammen in unserer Eisküche verbrachten. Das Wetter passte zu unserer allgemeinen Gesamtstimmung und trotzdem hatten wir gute Laune. Ricco ließ gerade die erste Runde Eis aus der Maschine und verteilte für uns zum kosten Portionen auf drei kleine Becher. Monika sortierte die Früchte und die anderen Zutaten, und breitete sie aus, während Ralf nochmal neue Rezepturen durchging. Dann riss draußen der Himmel auf und die Sonne stand schon so tief, dass sie direkt in unser Fenster schien. Das warme, sommerliche Licht durchflutete unsere kleine Eisküche und ließ jede Farbe erstrahlen. Ralf schaute gebannt auf das Leuchten der Früchte, während Ricco mit einem Löffel Eis im Mund „moodboom“ rief. Monika, die gerade lächelnd aufschaute, rief: „Zeig her.“ Nur Ralf schaute noch gebannt auf die Früchte. „Genau das sind wir“ entgegnete er und wandte ihnen seinen Blick zu. Das war die Geburtsstunde von moodboom. An diesem Nachmittag war noch vieles ungewiss, aber eins wußten wir ganz genau. Wir sind zurück.

Erkenntnis

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Keiner schlägt härter zu als das Leben. Das war uns bewusst. Uns zeigte die Zeit allerdings, dass es darauf überhaupt nicht ankam. Der Punkt war plötzlich nicht mehr die Härte, sondern wieviel man einstecken kann. Unsere Nehmerqualitäten hatten sich im Laufe der Jahre so gut ausgeprägt, dass wir auch diesmal wieder aufstanden. Jeder von uns analysierte das Erlebte in den letzten Monaten. Wir sprachen offen über unsere Schwächen und unsere Stärken, über unsere Gefühle und unsere Fehler. Es war ein schonungsloser und ehrlicher Austausch bei einem respektvollem Umgang miteinander.

Oft hatten wir auch verschiedene Ansichten oder sind bei der Auswertung einzelner Sachverhalte zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen.

In einem Punkt waren wir uns aber absolut einig, unsere Ideen ließen sich nicht mit fremdem Geld umsetzen. Wenn wir unsere eigene Philosophie leben und dabei unsere Unabhängigkeit behalten wollen, dann darf unsere Manufaktur nicht fremdbestimmt sein. Wir wollen unsere Produktion nicht von Menschen abhängig machen, die zwar Ahnung vom Geld verdienen haben, aber von Eis wenig verstehen. Wir haben nichts gegen das Verdienen, ganz im Gegenteil, aber die Intention in uns ist das Eis. Auch das Wachsen und sich Vergrößern lehnen wir nicht ab. Für uns haben wir aber festgestellt, dass wir dem Druck nur standhalten können, wenn wir das Tempo vorgeben und nicht die Anderen.

Zukunft

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Wir schauen nach vorn, denn mit moodboom haben wir wieder zu uns gefunden. Vielleicht verschicken wir wieder euer selbst kreiertes Eis durch ganz Deutschland zu euch nach Hause oder bauen in eurer Nähe einen moodboom Store. Vielleicht bauen wir eine moodboom Eisfabrik oder haben noch andere verrückte Ideen. Wer weiß das schon.

Wir wissen nur eins ganz genau, wir Drei werden auch zukünftig Eis machen und wie unser Freund der Mandalorian sagen würde: „Das ist der Weg.“